Der heilige Athos

Veröffentlicht am 9. Dezember 2021 um 18:00

Griechenland Teil 3

Am Mittwoch sind wir wieder abenteuerlustig und fahren weiter zu einem verlassenen Neubaugebiet an den „Tigania Beach“. Wie so oft in Griechenland ging während des Baus wohl das Geld aus und wir finden uns in einem großen Areal mit Straßen wieder, die jedoch nirgendwo hinführen. Das eignet sich doch prima für uns Wohnmobilisten und der Meerblick ist auch inklusive. An einem der schönsten Aussichtspunkte in dem Gebiet treffen wir sogar die 6-köpfige Familie vom letzten Stellplatz wieder.

Unterhalb von „Thessaloniki", auf der Halbinsel „Chalkidiki“, gibt es drei auffällige Landzungen. Wir befinden uns nun auf der mittleren und können auf die östlichste schauen, wo sich der heilige Berg „Athos“ und eine orthodoxe Mönchsrepublik befindet, wo es nur ein gering ausgebautes Straßennetz und 20 Klöster geben soll. Der Landzipfel sei laut Wikipedia außerdem nur für männliche Pilger zugänglich, nicht für Touristen und schon gar nicht für Frauen. Seit 1045 dürfen Frauen nämlich keinen Fuß auf das Land setzen und auch Schiffe mit Frauen an Bord müssen einen Abstand von mindestens 500m zur Küste halten. Das Verbot weiblicher Wesen betrifft sogar die Haltung von Tieren...

„Aus diesem Paradiese ist das Weib verstoßen, damit der Mann nicht jenes Paradieses verlustig gehe.“

(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Athos#cite_note-16)

Das ist doch mal ein sehr interessanter Ansatz, wenn einfach keine Frauen da sind, kann auch niemand sein Keuschheitsgelübde brechen. Wie auch immer das dann mit der Fortpflanzung der Nutztiere funktionieren soll, aber man kann ja auch zu Fuß gehen und Pflanzen essen oder einfach noch mehr Enthaltsamkeit üben...

Wir genießen jedenfalls entspannt den Ausblick auf die Bergsilhouette von unserer Perspektive aus und ich stelle mir für den nächsten Morgen extra einen Wecker, um die Sonne neben dem Berg aufgehen zu sehen. Wer mich kennt, weiß, dass ich absolut kein Frühaufsteher bin, aber wir haben extra so geparkt, dass ich mir den Sonnenaufgang ganz entspannt aus dem Bett heraus ansehen kann. Oliver, der Frühaufsteher, wagt sich hingegen schon nach draußen, um ein paar schöne Fotos zu schießen.

 

Müde und glücklich genieße ich die Aussicht aus meinem warmen Bett und, nanu, was ist denn das? Etwas kleines weißes rennt plötzlich hinter unserem Van vorbei und versteckt sich unter dem Wohnmobil unserer Nachbarn. Oh nein... Es ist ein ganz kleiner Hundewelpe, wo kommt der denn plötzlich her??

Unser Nachbar gibt dem Kleinen erstmal was zu trinken und zu essen. Er ist ganz zutraulich und voller Flöhe, aber total niedlich und vor allem die Kinder schließen den Welpen schnell ins Herz und taufen ihn auf den Namen Athos. Bei dem Geschlecht sind wir uns zwar noch unsicher, denn es ist noch nicht so richtig ausgewachsen und wir haben alle keine wirkliche Ahnung von Hunden, aber wie dem auch sei: Wir alle wollen es nicht verantworten, das kleine Tier hier zurückzulassen! Außer uns ist keine Menschenseele weit und breit und so jung, wie das Tierchen noch ist, wird es sicher keine Nacht hier draußen überleben. Wo auch immer es herkommt und wie auch immer es die letzte Nacht überstanden hat...

Während wir uns beratschlagen, was wir jetzt für Optionen haben, um dem Tier zu helfen, stelle ich Oliver immer wieder die Frage, was denn eigentlich dagegen spricht, den Kleinen bei uns aufzunehmen. Abgesehen von den zusätzlichen Kosten macht ein Welpe sicherlich erstmal einen riesigen Haufen Arbeit. Er ist ja noch nicht mal stubenrein und wird mit Sicherheit einige Dinge, die uns sehr lieb sind, anknabbern. Aber so ein junges Tier lässt sich natürlich noch besser formen und hat vermutlich auch noch nicht so viel schlimmes erlebt... Es ist Zeit für eine Pro-Contra-Liste!

Pro

  • Extrem süß!
  • Wir müssen und wollen helfen
  • Mehr draußen sein/mehr Bewegung
  • Neue Aufgabe/Beschäftigung/Herausforderung
  • Welpe noch formbar
  • Kleiner Hund perfekte Vangröße
  • treuer Begleiter

Contra

  • Kosten
  • Erziehung=viel Arbeit
  • Sachen kaputt
  • macht Dreck/Hundehaare überall
  • man muss bei jedem Wetter rausgehen
  • sehr zeitaufwendig
  • Orte mit Hundeverbot (kein Museum o.Ä.)
  • wenn wieder Wohnung dann Suche schwieriger

Fest steht, wir bringen das Kleine erstmal zum Tierarzt und lassen schauen, ob es nicht vielleicht doch gechippt und einfach nur ausgebüxt ist. Der Tierarzt macht erst um 16 Uhr wieder auf, also haben wir noch genug Zeit um abzuwarten, ob der kleine Hund nicht doch noch irgendwohin weggeht. Wir gehen auch nochmal eine Runde mit ihm, aber er weicht uns einfach nicht mehr von der Seite. 

Bis zum Tierarzt muss es auch schon mal einige Bewährungsproben, wie z.B. die Autofahrt, überstehen und zwar am besten ohne zu kotzen. Ich räume eine Kiste frei, in der wir das Kleine halbwegs sicher transportieren und die Flöhe von uns fern halten können. Der Familienvater ist heilfroh über unseren Entschluss und badet das Kleine in der Zwischenzeit schon mal für uns und sammelt so gut es geht die Flöhe aus seinem Fell.

Athos verträgt die Fahrt in der Kiste auf meinem Schoß überraschend gut. Eigentlich hat sie einfach die ganze Zeit durchgeschlafen, was kein Wunder ist bei so einem anstrengenden Tag. Der Tierarzt untersucht die Kleine (es ist übrigens ein Weibchen) und stellt fest, dass sie keinen Chip hat. Oliver und ich schauen uns an und er sagt zum Arzt: „We want to take her“. So bekommt Athos dann gleich ihren Chip und die erste Tollwutimpfung. Außerdem braucht sie noch eine Wurmkur und wir bekommen ein Mittel gegen die Flöhe, das wir ihr übermorgen auf den Nacken träufeln sollen. Das alles kostet insgesamt 130€.

Ein kleiner Tipp am Rande: Falls Ihr mal in so eine Situation kommt, badet den Hund auf gar keinen Fall, denn so putzt man die natürliche Fettschicht von der Haut, weshalb wir mit dem Flohmittel nun zwei Tage warten müssen.

Der Arzt schätzt den Welpen übrigens gerade einmal auf ca. 7-8 Wochen, was eigentlich viel zu früh für die Impfung ist. Damit wir sie aber (innerhalb der EU) mitnehmen können, muss die 1. Impfung 21 Tage her sein. Ich glaube der Arzt ist einfach nur heilfroh, dass ein Hund weniger auf den Straßen unterwegs ist und würde uns sowieso alles in den Pass schreiben, was wir für die Ausreise bräuchten.

Es sieht so aus als hätten wir nun einen neuen Gefährten. Von nun an reisen wir also zu dritt!

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Kommentare

Holger Dittmann
Vor einem Jahr

Wau, was für eine schöne Geschichte! <3

Ssandy
Vor einem Jahr

ganz suess geschrieben, ich war zwar auf der contra seite, trotzdem liebe ich „das mäusli“

Gisela Eg
Vor einem Jahr

Eine wunderschöne Geschichte von einem Glückshund namens Athos. Ganz toll geschrieben. Alles Liebe für Hund, Herrchen und Frauchen.